Belgiens Parlament hebt Atomausstieg auf: Weg frei für neue Kernkraftwerke
Mit breiter Mehrheit hat das belgische Parlament am 15. Mai 2025 zwei Gesetzesvorlagen verabschiedet, die das Ende des Atomausstiegs besiegeln und den Bau neuer Kernkraftwerke ermöglichen. Die Regierung reagiert damit auf die angespannte Versorgungslage, steigende Strompreise – und das Ziel, CO₂-arme Stromproduktion langfristig zu sichern.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten festgeschriebener Ausstiegsstrategie vollzieht Belgien einen energiepolitischen Kurswechsel. Die neue gesetzliche Grundlage erlaubt nicht nur die weitere Nutzung der bestehenden Kernkraftwerke Doel-4 und Tihange-3 bis mindestens 2037 – sondern öffnet explizit die Tür für neue nukleare Anlagen zur Stromerzeugung. Ein zweiter Gesetzesentwurf ergänzt diese Wende mit flankierenden Massnahmen zur Kostenkontrolle im Strommix und zur Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung.
Premierminister Bart De Wever erklärte im Parlament: «Nach 22 Jahren wird das Gesetz zur schrittweisen Abschaffung der Kernenergie aufgehoben.»
Was geschieht mit den Reaktoren?
Neben Doel-4 und Tihange-3, deren Betrieb bis mindestens 2037 verlängert wird, war im Zuge der Debatte auch über eine mögliche Rücknahme der Abschaltung von Tihange-1 und Doel-2 spekuliert worden. Beide Reaktoren sollen noch 2025 planmässig ausser Betrieb genommen werden. Die aktuelle Regierung hält an dieser Entscheidung fest. In der Debatte wurde betont, dass eine Wiederinbetriebnahme dieser Einheiten mit technisch-regulatorischen Hürden verbunden sei und sich wirtschaftlich nicht sinnvoll darstelle.
Dennoch wurde in den Ausschussdiskussionen mehrfach darauf hingewiesen, dass die verbleibenden belgischen Reaktoren modern und leistungsfähig seien und im Falle von Doel-4 und Tihange-3 bereits Vorbereitungen für die Laufzeitverlängerung liefen. Bereits 2022 hatte die damalige Regierung den Weiterbetrieb von Doel-4 und Tihange-3 um zehn Jahre beschlossen.
Nun wird darüber hinaus der gesetzliche Rahmen für den Neubau von Kernkraftwerken geschaffen. In der Debatte war auch von einem möglichen Einsatz kleiner, modularer Reaktoren (SMRs) die Rede. Die Vorlage wurde mit der Mehrheit der Regierungskoalition verabschiedet. Kritische Stimmen kamen unter anderem von Umweltparteien, die einen stärkeren Fokus auf erneuerbare Energien forderten.
Belgien reiht sich damit in eine wachsende Zahl europäischer Länder ein, die ihre energiepolitischen Prioritäten vor dem Hintergrund von Klimazielen, Preisstabilität und Versorgungssicherheit neu bewerten.
Quelle
S.D. nach Belgische Abgeordnetenkammer, Zusammenfassender Bericht der Plenarsitzung vom 15. Mai 2025